Was passiert in einem Beratungsgespräch? Wie läuft das ab?
Für manche Mädchen* und junge Frauen*, die sich Unterstützung wünschen, ist die Kontaktaufnahme zur Beratungsstelle ein mutiger und gleichzeitig schwerer Schritt, der mit vielen Unsicherheiten verbunden ist. Wenn auch du dich so fühlst, glaub uns, damit bist du nicht allein!
Es ist ein Zeichen von Mut und Stärke, sich Hilfe zu holen!
Wichtige Grundsätze in der Beratung:
- Wir beraten Mädchen* und junge Frauen* im Alter von 13-27 Jahren, die sexualisierte Gewalt, sexuellen Missbrauch oder sexuelle Übergriffe erlebt haben oder noch erleben
- Wir unternehmen nichts gegen deinen Willen
- Wir haben Schweigepflicht, wir dürfen niemanden erzählen wer in die Beratungsstelle gekommen ist und was erzählt wurde. Auf Wunsch beraten wir dich auch anonym, das heißt, du musst uns deinen Namen nicht sagen, wenn du das nicht möchtest
- Die Beratung ist immer kostenfrei und freiwillig, das heißt, du entscheidest, ob ein erneuter Beratungstermin stattfinden soll
Jedes Beratungsgespräch ist anders. Jedes Mädchen*, jede junge Frau* ist einmalig und kommt mit ihren Fragen und mit ihren Themen. Wir gehen davon aus, dass jede, die in die Beratungsstelle kommt, einen guten Grund dafür hat. Deswegen musst du nicht über die erlebte sexualisierte Gewalt sprechen, wenn das zu schwierig wäre. Wenn du aber davon erzählen möchtest, darfst du das natürlich tun!
Dafür ist hier ein guter Ort!
Viele Mädchen* und junge Frauen* sprechen hier aber auch über Probleme, über Folgen und Reaktionen auf das, was sie erlebt haben. Dabei geht es zum Beispiel um Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafstörungen, Albträume, Flashbacks, Gefühle von Scham, Schuld, Hilflosigkeit und Wertlosigkeit. Oder es geht um Angst, Panikattacken, um Probleme damit, Vertrauen in andere Menschen zu fassen, um sozialen Rückzug. Manche möchten über ihre Schwierigkeiten in Bezug auf Sexualität oder den eigenen Körper sprechen. Auch das allgemeine Thema Grenzen setzen wird oft behandelt, genauso wie Konflikte in der Partnerschaft, mit Freund*innen oder in der Familie. Auch die Situation in der Schule, in der Ausbildung oder im Studium kann Thema sein, genauso wie missbräuchlicher Konsum von Drogen oder Alkohol, selbstverletzendes Verhalten, Selbstmordgedanken und Selbstmordversuche.
Du entscheidest, was du erzählen möchtest und was nicht. Wir unterstützen dich und richten uns dabei nach deinen Bedürfnissen und nach deinem Tempo.
Das wichtigste Ziel in der Beratung ist, dass es dir, trotz dem, was dir geschehen ist, wieder besser geht!
Oft wird auch die Frage nach einer Strafanzeige im Beratungsgespräch thematisiert. Wir unterstützen dich bei dieser Entscheidung, haben die nötigen Informationen über die verschiedenen Schritte im Justizsystem, also bei Polizei und vor Gericht, und bei Bedarf haben wir auch Kontaktdaten zu guten Anwältinnen*.
Vor einer Strafanzeige bei der Polizei ist es in jedem Fall ratsam, eine Beratung in Anspruch zu nehmen!!!
Manche Mädchen* oder junge Frauen* bringen eine Freundin*, einen Freund* oder eine andere vertraute Person mit zum ersten Gespräch. Das ist auf alle Fälle möglich!
Für ein Beratungsgespräch haben wir etwa eine Stunde Zeit. Am Ende entscheidest du, ob du wiederkommen möchtest. Manche Ratsuchende kommt nur einmal in die Beratungsstelle, andere kommen mehrmals, oft über Wochen oder Monate immer wieder. Auch das entscheiden wir dann gemeinsam.
Typische Fragen, mit denen du nicht allein bleiben musst, und die du mit in das erste Gespräch bringst, könnten zum Beispiel sein:
- Brauche ich überhaupt Beratung?
- Darf ich mit dem, was mir passiert ist, überhaupt in die Beratungsstelle kommen?
- Warum habe ich mich nicht gewehrt?
- Was mache ich mit meinen Gefühlen?
- Wieso passiert das immer mir?
- Wie verhalte ich mich gegenüber dem*der Täter*in?
- Muss ich den Kontakt zur übergriffigen Person abbrechen?
- Soll ich anderen Menschen von der sexualisierten Gewalt erzählen?
- Sollte der*die Täter*in angezeigt werden?
- Warum habe ich das Gefühl Hilfe zu brauchen und gleichzeitig nicht darüber reden zu können?
- Warum glaubt mir keiner?
- Warum schlafe ich so schlecht?
Es gibt nicht auf alle Fragen einfache Antworten. Auf manche schon!
Das (für viele Menschen) Unvorstellbare: Ein Großteil der Vorfälle sexualisierter Gewalt geschehen im persönlichen Nahbereich. Verwandte, (beste) Freund*innen, Geschwister oder Bekannte als Täter*innen oder Übergriffige zu sehen, ist eigentlich unvorstellbar. Und trotzdem passiert genau das. Viele Betroffene haben ambivalente Gefühle und spüren Widersprüche: einerseits mochten sie die übergriffige Person und haben ihr vertraut, andererseits fragen sie sich, ob sie es hätten merken können, vielleicht selber Schuld sind und zweifeln an ihrem eigenen Urteilsvermögen. Mit all diesen Gefühlen und Widersprüchen bist du hier willkommen.
Und auch wenn für uns ganz klar ist, dass die Schuld und die Verantwortung bei der übergriffigen Person liegen, wissen wir, wie oft eigene Schuldgefühle und Zweifel da sind und wie machtvoll diese sein können.
Melde dich gerne bei uns! Wir besprechen dein Anliegen am Telefon oder vereinbaren einen Termin. Du darfst dich auch genauso gerne online bei uns melden!